Digitale Edition des Gesamtwerks Grimmelshausens
Projektbeschreibung
Das hier für zwei Jahre beantragte Editionsprojekt verfolgt das Ziel, das Gesamtwerk Hans
Jacob Christoffel von Grimmelshausens digital zu bearbeiten, zu annotieren und schließlich
online zu edieren, so dass das Korpus für linguistische Analysen nutzbar wird.
Grimmelshausen gilt heute als der wichtigste deutschsprachige Romancier des 17.
Jahrhunderts und als einer der größten Satiriker der deutschen Literaturgeschichte. Die
enorme Themenvielfalt, das hohe reflexive Niveau und die Kunst, auch in komischen
Passagen ernsthafte Themen durchscheinen zu lassen, machen Grimmelshausens Romane,
Erzählungen und Traktate zu herausragenden Texten der deutschen Literatur. Sein
Abentheuerlicher Simplicissimus gehört zum Kanon deutschsprachiger Romanliteratur, seine
Courasche und die beiden Vogelnest-Romane stellen die Literaturwissenschaft vor viele
Rätsel. Grimmelshausens Romane inspirierten bedeutende Dichter wie Ludwig Tieck, Bertolt
Brecht, Thomas Mann oder Günter Grass. Viele kleinere Schriften sind erst in letzter Zeit
verstärkt in das Interesse der Forschung getreten.
Mit Hilfe der geplanten Edition soll es möglich sein, sprach- und literaturhistorische
Fragestellungen auf der Basis dieses Korpus zu bearbeiten. Um die Möglichkeiten des Korpus
aufzuzeigen, wird exemplarisch im Rahmen dieses Projektes das Wortfeld SPRACHE mit
lexikographischen Methoden analysiert; die Ergebnisse dieser Untersuchung sollen separat
publiziert werden. Eine kritische Grimmelshausen-Edition, die moderne Forschungsvorhaben
durch umfassende und genaue Suchfunktionen ermöglicht, steht noch aus. Hier einige
Beispiele für Möglichkeiten, welche die Edition bieten wird:
Die Edition soll als Basis für ein Grimmelshausen-Wörterbuch dienen, das einen wichtigen
Beitrag zur Erfassung des Wortschatzes des 17. Jahrhundert liefern würde. Eine umfassende
wissenschaftliche Kommentierung des sprachkritischen Traktats Deß Weltberuffenen
Simplicissimi Pralerey und Gepräng mit seinem Teutschen Michel (1673), ein Text, der
nahezu alle relevanten sprachwissenschaftlichen und sprachkritischen Diskurse der Zeit
aufnimmt und satirisch überzeichnet, ist bisher ein Desiderat. Für Fragen nach dem Prestige
regionaler Druckersprachen oder nach dem Verhältnis von Druckersprache und
Adressatenkreis bietet die Edition viel Belegmaterial. Auch literaturwissenschaftliche
Fragestellungen wie die nach Quellen oder Motiven werden durch die Edition enorm
vereinfacht.
Zur Realisierung des Projekts werden die Erstdrucke und wichtige spätere Drucke digital
faksimiliert, zu Volltexten umgewandelt und annotiert, d. h. sie werden in XML linguistisch
so aufbereitet, dass Volltextrecherchen mit dem Korpus möglich werden. Die bearbeiteten
digitalen Texte werden anschließend online präsentiert und archiviert. Das Projekt wird in
Kooperation zwischen der linguistischen Abteilung des Germanistischen Seminars der
Universität Heidelberg (Lehrstuhl Prof. Dr. Jörg Riecke) und der Herzog August Bibliothek
Wolfenbüttel (Koordinator: Dr. Thomas Stäcker) durchgeführt. Die Bibliothek übernimmt
dabei die Organisation der Volltextgenerierung und die Präsentation der Texte auf ihrer
Homepage, erfüllt also insbesondere die Aufgaben der
Datenverarbeitung und Datenpräsentation. Die Mitarbeiter der Universität Heidelberg
koordinieren das Projekt und führen die linguistischen und philologischen Arbeiten wie
Besorgung der digitalen Faksimilia, Textkorrektur, Annotation und Qualitätskontrolle durch.
Die philologisch genaue und auf neuesten linguistischen Methoden gestützte Edition des
Grimmelshausen-Korpus ist damit Grundlagenforschung und soll einen wichtigen Beitrag zur
Erforschung der Sprach- und Literaturgeschichte der frühen Neuzeit leisten.
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